© Lydia Aumüller

Johann- Peter Leonhard

Johann-Peter Leonhard (*1793) stand von 1813-1817 im Nassauischen Militärdienst und kämpfte 1815 gegen Napoleon bei Waterloo. Seine Erlebnisse in Verbindung mit diesem Feldzug hielt er in einem Tagebuch fest, das insofern einzigartig ist, als das Geschehen aus der Sicht eines einfachen Soldaten geschildert wird und ein solcher Bericht aus der Zeit vor 185 Jahren kaum noch einmal zu finden ist.( Privatarchiv, Ferdinand Leonhard, Eltville)

Nach dem Kriege verblieb Leonhard in Holland und Belgien, um weitere Fachkenntnisse zu erwerben. Er muss auch in Paris gewesen sein, denn dort erwarb er im Jahre 1818, laut Signierung in einem Buch, fachliche Zeichnungen und Litographien in Großformat, die im Privatarchiv Ferdinand Leonhard erhalten sind. Nach seiner Heimkehr 1820 widmete er sich neben seinem Beruf der Pflege und Erinnerung an die Gefallenen der Freiheitskriege und der Gemeinschaft der Veteranen.

Im Jahre 1821 ehelichte Johann-Peter Leonhard Anna- Maria Krämer. Drei Tage später wurde er als Bürger in die Liste der Gemeinde Villmar aufgenommen. ( W Abt 360 Nr. 5) Aus der Ehe gingen die Söhne Peter (*1822) und Engelbert (*1824) sowie eine Tochter hervor. Als seine Gattin am 17. April 1831 mit 33 Jahren verstarb, setzte er ihr zum Gedenken einen Grabstein aus grauem Marmor, der heute noch auf dem alten Friedhof bei der Kriegergedächtniskapelle zu finden ist. Als Witwer vermählte er sich Johann-Peter Leonhard am 21. Juni 1831 mit der ledigen Anna Maria Geis aus Villmar. Aus dieser Ehe stammen sieben Kinder, darunter die Söhne Josef (* 1833 ) und Simon (*1836), die später als exzellente Bildhauer bekannt wurden.

Allem Anschein nach arbeitete Johann- Peter mit mehreren Gesellen und später mit seinen Söhnen. Bekannt sind Marmorarbeiten an mehreren Schleusen im Lahntal und am Schiffstunnel in Weilburg (1848) sowie Arbeiten für die Schlösser Dehrn, Neuwied, Koblenz, Biebrich, Karlsruhe und Hohenzollern-Hechingen. (W, Medicus Friedrich Karl: 1863, Bericht von Lehrer Schönleber, Villmar über die Marmorindustrie in Villmar.)

Die Marmorausstattung im Inneren der Russischen Kirche auf dem Neroberg in Wiesbaden. ist ein beredtes Zeugnis der Handwerkskunst des Villmarer „Marmorierers" Johann-Peter Leonhard und seiner Söhne. Die Kirche wurde 1849 bis 1855 als Grabeskirche für die jung verstorbene Nassauische Herzogin und russische Großfürstin Elisabeth Michajlowna erbaut. Villmars schönster Marmor in den Farben rot, violett, grau und bunt wurde damals von Oberbaurat Philipp Hoffmann, dem Planer und Erbauer der Russischen Kirche, als Material für den Innenausbau verwandt. Johann-Peter Leonhard wurde am 16. November 1848 als Leiter eines Arbeitsteams mit den Marmorarbeiten in der Kirche betraut. 

Zu der Arbeitsgemeinschaft gehörten seine Söhne Engelbert II (*1824), Josef (*1833), Simon III (*1836), sein Bruder Engelbert, die Steinmetzmeister Jakob May, Johann Stilger und Jakob Schneider aus Villmar, Jakob Roth aus Limburg sowie die Marmor-Zuchthausfabrik in Diez, aus deren zuchthauseigenem Bruch „Wieshohl" in Villmar ein Teil des Materials für nötige Säulen gewonnen wurde.

Ferdinand Leonhard, Bildhauer in Eltville und Urenkel des Meisters Johann-Peter, verwahrt in seinem Archiv ein Schreiben von Oberbaurat Hoffmann aus Wiesbaden an den „Wohlgebohrenen Herrschaftlichen Johann Peter Leonhard" in Villmar vom 17 Februar 1851, in dem dieser bittet, die Ausbildung seines Sohnes als Bildhauer bei Professor Hopfgarten in Wiesbaden Biebrich zu ermöglichen. Es war Sohn Josef Leonhard (Großvater des Ferdinand Leonhard), der aus der Bildhauerschule Professor Hopfgarten als exzellenter Künstler hervorging.

Die Marmorarbeiten für die Russische Kirche konnten im Februar 1849 beginnen. Davon, dass die Steinarbeiten meisterlich sind, können sich die Besucher der Kirche heute noch überzeugen.

Um 1857 hält Katharina Schweitzer als Besucherin der Kirche fest :

„Auf acht mächtigen mit Marmor verkleideten Pfeilern, von denen stets zwei einander gegenüberstehen, ruhen zwei hohe Marmorsäulen. Über vier Säulen wölbt sich ein Bogen, der aus Sandstein gearbeitete Bildhauerarbeit zeigt. Ein Arabeskenkranz von grauem, matt gearbeitetem Marmor mit Blumen- und Tiergebilden umzieht das Innere, dem sich in der Höhe eine glänzend polierte Marmorvertäfelung anschließt". In der Festschrift zum XVIII. Deutschen Juristentag in Wiesbaden im Jahre 1886 nennt der Chronist als Schöpfer der „trefflichen Ornamente und des Frieses mit Arabesken und symbolischen Thiergruppen" den Sohn des Meisters E. Leonhard.( W.: Katharina Schweizer um 1855. Ein Gang durch die Griechische Kapelle bei Wiesbaden)

 

 

Aus der Meisterhand des Johann-Peter stammt das Fußbodenmosaik dessen Mittelstück, eine Rosette aus weißem, grauem und schwarzem Marmor, mit höchster Genauigkeit gearbeitet wurde. Diese Arbeit wurde bereits 1854 auf der Münchener Industrieausstellung von ihm präsentiert, wofür er eine Medaille erhalten hatte. Diese befindet sich noch heute im Familienbesitz. Die Meisterschaft des Johann-Peter Leonhard und seiner Söhne wurde durch die Anbringung eines Portraits von „Bildhauer Leonhardt" im Inneren der Russischen Kirche besonders deutlich. Wir wissen heute nicht, ob der Johann-Peter Leonhard oder einer der Söhne, Josef oder Engelbert, im Halbrelief als aus weißem Marmor dargestellt wurde

Portrait des „Bildhauers Leonhard" im Inneren der Russischen Kirche. Säulen und Wandverkleidung aus heimischem Marmor in der Russischen Kirche

Die zwölf Apostel um den Sarkophag mit Statue der Herzogin Elisabeth.

Wegen schwerer Erkrankung übergab Johann-Peter Leonhard am 27. Juli 1865 seinen Söhnen Peter aus 1. Ehe und Simon aus 2. Ehe sein Geschäft, Haus und Werkstatt und setzte sich mit 72 Jahren als Altmeister zur Ruhe. Sein Vermögen wurde auf 2000 Gulden taxiert. Während er seinen beiden unmündigen Kindern Elisabeth und Jakob das Wohnrecht bis zu ihrem 30. Lebensjahr verbriefte, behielt er das Insitzrecht bis zu seinem Tode. Der hochverdiente Meister verstarb am 23. März 1873 in seiner Heimatgemeinde Villmar.

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