Die Feuerwehr, damals und heute.
Lydia Aumüller

Zum Schutze der Bürger bei Feuergefahren wurde der Nassauische Feuerwehrverband 1872 als erster im Gebiet des heutigen Bundeslandes Hessen gegründet. Eine lange Geschichte zeigt die Entwicklung des Feuerwehrverbandswesens durch bewegte Zeiten auf. Dieser Verband führte seine Mitgliedsfeuerwehren bzw. -verbände durch alle Staatsformen vom Kaiserreich, über die Weimarer Republik und NS-Diktatur bis zur heutigen Demokratie

Im Jahr 2004 feierte die Freiwillige Feuerwehr Villmars ihr 75jähriges Jubiläum Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr, Nassauischer Feuerwehrverband", ist neben dem Emblem Hessischen Feuerwehrverbandes auf einem schmucken Paradehelm ersichtlich. Er wird in Erinnerung an die Kameraden, die vor 75 Jahren den Verein gründeten, bis heute im Vereinshaus verwahrt.

Der anfänglich dürftige Bestand an Löschgeräten hat sich im Laufe der Jahre enorm verbessert. Die Wehr ist im Besitz einer modernen technischen Ausrüstung und damit einsatzbereit für den Notdienst am Nächsten. Doch das hat, neben dem ehrenamtlichen Engagement der Freiwilligen des Vereins, auch seinen Preis. Das neue Feuerwehrgerätehaus, das auch für Schulungszwecke dient, kostete um 700.000 Euro. Zum Inventar des Hauses gehören unter anderem Löschfahrzeuge, Mannschaftswagen, ein Rettungsboot und Atem- schutzgeräte, im Wert von ca.180.000 Euro. Über die Tätigkeiten der Freiwilligen Feuerwehr Villmar von 1929 bis heute informiert eine neue Jubiläumsbroschüre ausführlich in Wort und Bild. Dieselbe ist für 3 Euro bei den Mitgliedern des Vereinsvorstandes erhältlich.

Rückblick

Bis zum Jahre 1929 bestand zwangsläufig eine „Pflichtfeuerwehr". Aus Unterlagen des Jahres 1555 sind namentliche „Feuerläufer" bekannt, die bei Bränden und Stürmen im Flecken und in den Nachbarorten verpflichtet waren, mit den gemeindeeigenen Löschgeräten Katastrophenhilfe zu leisten. Wegen eines schrecklichen Brandes im Jahr 1536, in der fast die ganze Stadt Villmar in Schutt und Asche fiel, wurde im Februar 1557 eine neue Feuerwehrordnung erlassen.

Folgendes heißt es unter anderem: Die Pförtner haben bei ihren Pforten zu bleiben und nicht nach einer halben Nacht davon zu gehen. Es darf kein Flachs mehr im Flecken Villmar geschwungen oder aufbewahrt werden bei Strafe von drei Gulden. Es soll ein „gemein brech haus" vor dem Flecken errichtet werden, um dort die feuergefährliche Arbeit des Flachsbrechens vorzunehmen.

Die ganze Feuerwehrordnung war für die damalige Zeit eine großzügige Organisation, denn hier ist zu erkennen, dass viele im Ort auch bei Hilfen bedrohter Nachbarorte beteiligt wurden. 

Es wurden namentlich 39 Feuerläufer bestimmt die 32 Leitern aus Buchenholz innerhalb eines Monats hergestellten Zum weiteren Gerätebestand gehörten, zwei Wagen, mehrere Ledereimer, acht Feuerstange und vier Feuerhaken, die in Mainz gekauft wurden. Diese Löschgeräte lagerten im „Spielhauß" ( Rathaus, das damals denselben Standort wie heute hatte).Bei der Meldungen von Feuer- oder Sturmschäden, musste jeder auf den Kirchhof (an der Kirche) laufen, wo ihnen ein Keller (Verwalter der Kellerei) und der Bürgermeister die Order gab: „Sie sollen strack nach dem Feuer laufen und uf den Amer acht haben." Sie sollen auf den Jüngstbürgermeister achten und auf Josten hören. Andernfalls erhalten sie die "gebürlich Straf", sie sollen bei den wägen sein und die wägen helfen stellen und die Leitern helfen laechen (legen) Zwei Wagen mit je 3 Leitern und die Feuerhaken fahren und anlegen"

Es gab für besonderen Einsatz auch eine Belohnung. Wer zuerst mit seinem Wagen am Brandherd war, erhielt einen halben Gulden; der zweite Wagen dagegen 8 Albus. Ferner wurde verordnet, dass sobald in Villmar ein Feuer ausbrach, jeder bei "Leips straff und ungnadt unsers gnedigen Herren" zur Brandstelle eilen musste. Er sei nur entschuldigt, wenn Feuergefahr ihm selbst drohe".

 

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen brannte es im Jahre 1608. An Allerheiligen, 11 Uhr morgens wütete obig dem Rathaus an beiden Seite, jedoch meistens an der rechten Seite bis zur Oberpforte ein großer Brand. Er entstand in der Scheune des am 7. März ertrunkenen Schmiedes Aßmann. 86 Gebäude fielen den Flammen zum Opfer, Kurfürst Lotharius half mit 20 Malter Weizen, der Pastor mit drei Goldstücken, der Cellerarius Wilhelm Lindner mit einem Doppeldukaten, die erste Not zu lindern. (Kb.III, S.6- Hau S. 137)

Einem weiteren Feuer durch Brandstiftung im Oberdorf ( heute Mattheisereck), fielen 13. Mai 1697 zehn Häuser und drei Scheunen zum Opfer, Bei den Löscharbeiten stürzte Peter Eisenbach von einem Dach und verunglückte tödlich.(KB. III , S. 16) Wahrscheinlich trug dies zur Strafverschärfung bei. Am 28. Juni erfolgte, die Strafe für ihre Tat. Sie wurde enthauptet und verbrannt. Ein Notiz hält fest:. 28. Junii decollata est et concremata Anna Dorothea, Georgii Wilhelmi fischer, etc. Clarae Löwin coniugum filia, Henrici Klötz uxor, quae supra dictum incendium malitiose excitaverat ( DAL 588, KB Villmar, Liber Mortuorum, Bl. 148r, S.63 und 80).

Die 1675 geborene Brandstifterin Anna Dorothea Klötz geborene Fische vermählte sich am 27. 9. 1694 mit Heinrich Klötz und gebar 1696 eine Tochter namens Katharina. Kaum zu glauben. Diese junge Mutter steckte vermutlich das Haus ihrer Schwiegermutter (1699 Wtw. Klötz genannt) an, das nahe der Oberpforte (Limburgerpforte) stand. Ihr Ehemann Heinrich wird im Jahre 1702 als Tagelöhner ohne Haus genannt. Ihr Vater, Georg Wilhelm Fischer wird imselben Jahr als „ein verdorbener Schweinehirt" erwähnt.

 

Großbrand 1699

plan_feuerwehr_gross.jpg (290255 Byte)Zwei Jahre später stand die Stadt Villmar abermals in Flammen. Mit Ausnahme der sechs Häuser in der „Matttheiserecke", die nach dem vorigen Brand 1697 wieder aufgebaut worden waren, der Kirche, der Kellerei und dem Schulhaus wurden 105 Häuser zerstört, 62 Scheunen und ebenso viele Stallungen ein Raub der Flammen. Zum Wiederaufbau der Häuser und Scheunen und Stallungen, trat bereits 14 Tage später eine neue, verschärfte Bauordnung in Kraft.

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Die Bauordnung vom 23. Mai des Jahres 1699

Ungefehrlicher endtwurf waß bey jetzt wieder ufbawendt flecken der häuser, scheüren und stallungen zu observiren.

1. Weilen man bey letzterm wesenem brande leyder erfahren, daß die pudein oder also genante weede wegen umb gelegener häuser so mit abgebrandt kein wasser schier zum löschen dar auß zu nehmen gewesen, so ist für dienlich und rathsamb befunden w(orden) daß von dem rathauß brunnen und dasiger weeden der abfall biß ahn den pastorey garten ufder P. P. von St. Mattheiß kosten geleytete und in der garten ecken ein weede und da von ein für die pfarr kirch gemachte, und die dar für stehende baw platzen sub lit. A. et B. et n. 60. 61. wie dergrundtriss außweiset ledig pleiben. und daß geleydt biß (an) den garten gemeindt-schaftlich, von dem garten ahn daß geleydt und die weede auf der gemeindt kosten allein gemacht und unterhalten werden soll.

2. Die Straßen wie selbige außgestochen, bis uf ferneren befehl sollen nicht verbawet werden.

3. Befindt sich 3tens vermag übergebener liste, daß mehr nicht alß 55 mann, deren ettliche doch wenig begütet und diese mehrentheilß daß geldtzum baw lehnen müssen bawen können.

4. Diesen kante man 4tens zu dem hause und scheuern umb ihre fruchten ein scheuern zu können, daß nötige holtzzu adigiren, denen aber so zu bawen nicht fähig und für 300 rhlr. keine caution findten können, und bereits holtz gehawen, all solches nebst erstattung dieserth(eils) gehabter kosten abgenohmen, und denen bau fähigen gegeben werden.

5. Nach deme man erfahren, daß bereits einige ihr hauß und schäwer an: und ineinander zu machen verdingt und hier durch ein baldiger brandtzu befihren, so solle kein zimmerman

bey arbiträr! straf dergleiche baw zu machen nicht unter nehmen waruf Schultheiß und Vorsteher abhilf tragen, und wan einer gegen daß verbot handtlen wolte all solche gebäw nicht ufschlagen lasse.

6. Alle Schornstein von gebackenen oder sonst ändern steinen ufgefihret und diezimmerleüth zu sehen (wollen) womit die wexel wohl ersehen und kein holtz in die Schornstein gehe.

7. Sollen keine strohe dächer vor fackeln, oder sonst raw dächer weder zum behelf noch sonsten geduftet all solche von leyen, ziegel oder aber von schindeln verfertiget werden.

8. Solle kein holtz ferners gehawen werden, es were von Schultheißen, scheffen und deputirten zu fore angewiesen und daß beyconfiscation deß holtzes und hoher herrn straf.

9. Wan es 9tens ggst beliebet wirdt, daß die auß gestochene Strossen nach gebawet würde, und hier durch (dem) ein und ändern etwaß endt-zogen, und dem ändern zu wachse, solle dem leydeden der werth nach billig(keit) guth gemacht, auch wan die zu r Strossen eingezogene platz etwa mitzins befasset, demjenigen welchem hier durch etwas zu wachset all solche über nehmen und zahlen.

10. Kein dach einer scheuer oder stallung unter 20 schuh hoch auf zu richten, und keins von beyden ahn die strass zu stellen.

11. Keinem erlaubt sein ahn die statt mawer seinen baw zu stellen und ahn zu hangen.

Obiges ist bey versambleter gemeindten publizirt, dem Schultheiß und vor Stehern befohlen worden beschriebener massen bey ihrer Verantwortung in obacht zu nehmen, daß dar wieder nicht gehandtelt werde.

Vilmar den 23ten May 1699 Coenen P. Ravesteyn

 

Wichtig war unter anderem das Verbot, dass künftig keine Dächer mit Stroh gedeckt werden durften.

Diese Maßnahme trug dazu bei, dass Brände in größerem Umfang seit jenen Jahren nicht mehr bekannt sind.

 

120 Jahre später sah es mit den vorhandenen Löschgeräten der Gemeinde immer noch mangelhaft aus. Der Villmarer Schultheiß Anton Ricker hält im Jahre 1816 den damaligen Bestand an Löschgeräten und deren Wert wie folgt fest: Eine große vierrädrige Feuerspritze mit Schwanenhals und Schlauch im Wert von 500 Gulden, 22 lederne Feuereimer im Wert von 22 Gulden sowie eine Hand- und eine Tragspritze Gesamtwert von 80 Gulden. Außerdem gab es zwei Pferdegeschirre für „Ackergäule", die den Spritzenwagen an den Brandherd brachten. Fünf vorhanden Laternen waren zum Ausleuchten von Straßen und Plätzen bei Feuergefahr bestimmt. Alle genannten Gegenstände lagerten im Untergeschoss des 1702 erbauten und 1927 abgebrochenen Rathauses. Während sich am Eingang zu dem „Spritzenraum" ein Laufbrunnen befand, war hinter dem Gebäude ein Wasserreservat (die sogenannte Weede), dessen Speicherinhalt bei Großbränden nicht ausreichte. Vier Feuerleitern und vier Feuerhaken, sowie drei Stangen im Werte von 59 Gulden lagerten in einer Holzremise, die sich an der Pfarrgartenmauer befand.„Diese ist so desolat. dass sie jederzeit zusammenstürzen kann", so Schultheiß Ricker in seinen Aufzeichnungen. Es dauerte zwei Jahre bis die Gemeinde einen neuen Holzschuppen zur Unterbringung der Gerätschaften an der Lahnpforte errichtete. Die damaligen Spritzenmeister Anton Winkler und Johann Staud erhielten für ihre Tätigkeiten, die auch das Warten der Löschgeräte umfasste, von der Gemeinde jährlich 10 Gulden. Erhielt ein Einwohner des Fleckens das Bürgerrecht war er verpflichtet, zur Vermehrung der gemeindlichen Löschgerätschaften, einen ledernen Feuerlöscheimer zu stiften. Dadurch kamen im Jahresdurchschnitt 8 Ledereimer zu je einem Gulden und 30 Kreuzer in Gemeindebesitz. Die jährlichen Ausgaben für die Unterhaltung der Geräte betrugen 40 Gulden.